Neu Voigtland

Von der Handwerkersiedlung zur Rosenthaler- & Oranienburger Vorstadt

Wedding, Gesundbrunnen und Voigtland um 1820Um 1730 wurden die ersten Wälder, die das malerische Dorf umgaben und bis an die Ufer der Spree reichten abgeholzt, um Weideflächen für Vieh zu bekommen. Es kam zu Abtragungen des Bodens, es entstanden kahle Sandflächen, die durch einzelne Sümpfe, Luche und Fenne unterbrochen waren. Um die Jahrhundertwende des 18. Jahrhunderts wurden das Kämmererheideland abgeholzt. Da der Boden eher karg war blieb ihnen nur eine ertragslose Sandwüste, die für das Weiden von Rindern und Schafen nicht geeignet waren. Das Holz diente der Berliner Bevölkerung als Bau- und Heizmaterial, der überwiegende Teil ging aber in den Bau der Akzisemauer ein, da die etwas weiter nördlich an der Linienstraße neu gebaut wurde. Eine neue Palisade ersetzte die zuvor abgetragene Stadtmauer, die sich um das alte Berlin befand und übernahm nicht nur die Funktion als Zollgrenze, sondern sollte zugleich verhindern, dass desertierte Soldaten aus der Stadt türmen konnten. In einem Tagesbefehl vom 6. Januar 1751 hieß es; >>Die Wachen an den Landwehren geben wohl acht auf den Bauernwagens, daß sich auf selbigen kein Soldat schleicht, der keinen Paß hat.<< 28. Januar 1752; >>Wenn Handwerksburchen oder gemeine Leut aus denen Landwehren gehen und ungefähr die Größe oder ungefähr etwas vom Soldatenwesen an sich haben, soll der Gefreite einen solchen examinieren, wo er hin will, was vor Profession er hat, und wenn was Verdächtiges gefunden wird, so sollen sie angehalten werden.<< 11. März 1753; >>Die Unteroffiziers auf denen Wachen, nebst den Gefreiten und Schildergästen müssen sehr genau Acht geben auf die großen Frauenzimmer, damit sich kein Soldat verkleidet herausschleicht.<<. Die sorglose Abholzung brachte der Stadt Berlin trotzdem sehr viel Ärger ein, denn bei ungünstigen Winden wehte der Sand in die Straßen Berlins oder türmte sich vor der Akzisemauer am Spandauer Viertel (Spandauer Vorstadt im alten Berlin des 17. Jahrhunderts vor dem Spandauer Tor, welches sich am Heiligen Geist Spital Spandauer Straße befand) derart auf, so dass man trotz Zollgrenze unbemerkt in die Stadt gelangte.

Wollanksche Weinberge um 1800Wegen der schon erwähnten Unfruchtbarkeit der nördlichen Ländereien gab die Stadt den Boden zur Besiedlung frei. Im Auftrag Friedrich II. wurde am 30. Mai 1751 mit der Friderizianischen Kolonisation der Sandwüste vor den Toren der Stadt begonnen und es entstand das Voigtland (Neu-Voigtland) nahe Berlins. Per königlicher Order wurde dem Magistrat die Hoheit über das Gebiet entzogen und den neuen Kolonisten kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch unter Oranienburger/Rosenthaler Vorstadt bekannt zog sich das Gebiet jenseits der Akzisemauer von Berlin, ab der Linienstraße (südliche Begrenzung), zur heutigen Bernauer Straße (nördliche Begrenzung), von der Gartenstraße (westliche Begrenzung) bis Brunnenstraße (östliche Begrenzung). Die in den Sommermonaten in der Stadt Berlin arbeitenden Saisonarbeiter sollten dazu bewegt werden sich hier niederzulassen, denn in den Wintermonaten fuhren sie stets in die sächsische und thüringische Heimat nach Hause und gaben dort das verdiente Geld aus. Die Bebauung dieses Gebietes und ein steuerlicher Anreiz sollten genügen, dass die sächsischen und thüringischen Handwerker ihr verdientes Geld nicht mehr in Sachsen ausgeben. Mit 9.000 Reichstalern von Friedrich II. ausgestattet begann nun die Bebauung vom Hamburger Tor (Gartenstraße), bis Rosenthaler Tor (Brunnenstraße) beginnend bis an die heutige Invalidenstraße. Die neuen Siedler bekamen je eine Doppelhaushälfte mit einem Stückchen Land für Garten- und Gemüseanbau. Mit Kabinettsorder durch Friedrich II. orderte er unter Anderen neben den Handwerksfamilien auch Gärtnerfamilien, die zur Versorgung der Berliner Bevölkerung beitragen sollten. Ähnliches gab es schon in Französisch Buchholz mit den Hugenotten. Zwischen 1770/72 entstanden die Gärtnerhäuser vor dem Hamburger Tor entlang der heutigen Gartenstraße. In dieser Kolonie fanden zehn Gärtnerfamilien aus dem Schweizerischen Neuenburg eine neue Heimat. Neu-Voigtland wurde in Richtung Rosenthaler und Oranienburger Thor sowie in nördlicher Richtung (Wedding/Gesundbrunnen) erweitert. 1750 war die Besiedlung im Bereich des Weddings abgeschlossen. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts behielt Neu-Voigtland seinen Status, dass kein Berliner diese Häuser kaufen durfte. Es gab aber weitere Kolonien, die ebenfalls nördlich der Akzisemauer auf den Weddinger Feldfluren entstanden. Die Siedler aus Böhmen gründeten die "Kolonie hinter dem Gesundbrunnen", die "Kolonie am Wedding" (Corsicas Garten), die der Gastwirt Johann Friedrich Corsica auf dem wüsten Land des Weddinghofs gründete.

Um den schönen Blick aus dem Schloss Monbijou nicht zu trüben wurde die in der Krausnick/Oranienburger Straße befindliche Galgenanlage in das Neu-Voigtländische Gebiet verlegt und stand auf dem heutigen Gartenplatz. Die Scharfrichterei befand sich auf dem ehemaligen Gelände des Stettiner Bahnhofs, also gegenüber der Gartenstraße, das Hochgericht befand sich ebenfalls an der Gartenstraße. 1837 wurde hier die letzte Hinrichtung vollzogen. Die letzte öffentliche Verbrennung fand 1813 statt, dessen der Anführer der "Hortsbande" Johann Horts und seiner Geliebten Christiane Delitz zum Opfer fielen. Sie hatten zuvor das zu Mühlenbeck gehörende Dörfchen Schönerlinde niedergebrannt. Am 29. Mai 1813 war an den Straßenecken folgende Bekanntmachung angeschlagen; "Warnanzeige! Johann Christian Peter Horst ist am 22. März 1783 zu Jerichow an der Elbe geboren. In einem Zeitraum von 6 Jahren hat er mit Gehilfen in wenigstens 45 Städten und Dörfern angelegt. In Neuenfund büßten durch das Feuer sechs Menschen das Leben ein. Den Schaden, welcher durch alle diese Brandstiftungen angerichtet worden ist, kann man auf 300.000 Taler annehmen. Der Vorteil, welchen Horst für seine Person durch die Diebstähle erlangte, welche er während des Brandes verübte, wird die Summe von 200 Talern nicht übersteigen. Friedericke Luise Christiane Delitz ist am 12. Oktober 1791 in Berlin geboren und die uneheliche Tochter eines Maurergesellen. Im August 1810 gesellte sie sich zu dem ihr schon bekannten Horst und seinen Kumpanen und nahm teil an den Brandstiftungen. Das Dorf Schönerlinde, wo durch das Feuer vier Menschen das Leben einbüßten, steckte sie mit eigener Hand in Brand. Die gegen den Horst und die Delitz rechtskräftig erkannte Strafe, daß sie zur Richtstätte zu schleifen und allda mit dem Feuer vom Leben zum Tode zu bringen, ist am 28. Mai 1813 an ihnen vollzogen worden. Berlin, den 29. Mai 1813. Die Kriminal-Deputation des Königlichen Stadtgerichts. Früh um sechs Uhr wurden die beiden Brandstifter aus der Stadtvogtei abgeholt und getrennt auf Leiterwagen, begleitet von berittener Polizei der Gendarmerie und unter militärischen Schutz einer Abteilung der Schützengilde zum Hochgericht vor dem Oranienburger Tor verbracht. Die Verbrennung sollte nicht auf dem Galgenplatz sondern unweit des Hochgerichts stattfinden. Tausende waren gekommen um die Verbrennung der beiden Brandstifter beizuwohnen. Horst warf noch einmal keck seinen Hut in die Luft, umarmte seine Kumpanin Delitz und das Publikum klatschte Beifall. Ihnen wurde dann durch die Scharfrichterknechte eine Kappe über das Gesicht gezogen und schließlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Fünf Jahre später entstand aus Fundament und Gerüst der Galgenanlage eine neue Kneipe in der Ackerstraße. Der ehemalige Galgenplatz wurde 1842 Getreide- und Heumarkt, bis Gustav Meyer in den Jahren 1875/76 auf dem Gelände ein Schmuckplatz anlegte. Den Namen Gartenplatz erhielt das Areal 1861. Auf diesem Platz wurde 1890 mit dem Bau der größten Katholischen Kirche Berlins begonnen, die 1893 als St. Sebastian Kirche am 26. Juni eingeweiht wurde.

Dies Buch gehört dem König (Bettina von Arnim)Die Bebauung um Neu-Voigtland in Richtung Wedding begann um 1800. Hinter dem Friedhof der St. Elisabeth Gemeinde entwickelte sich schon früh eine autarke Ansiedlung und bildete die nördliche Neue Ackerstraße. Die erste schulische Einrichtung bekam die Rosenthaler Vorstadt in der Brunnenstraße 1, wo sich die erste allgemeine Schule in einem einzigen Raum befand. Unabhängig von der anfänglich steuerbegünstigten Bevorzugung entwickelte sich Neu-Voigtland zu einer Armenkolonie. Immer mehr Arme zogen vor die Tore der Stadt. In seinem Buch "Bilder aus dem "Berliner Leben" schrieb Julius Rodenberg von einem "Schattenriß von Berlin, 1788" und "Ein Pamphlet vom Ende des vorigen Jahrhunderts". Viele der dort angesiedelten Handwerker verließen Neu-Voigtland und es folgten Ihnen ein hungerndes Proletariat von Webern, Wollspinnern und Tagelöhnern. Aus diesem Umstand entstand das "Königsbuch" der Bettina von Arnim, die soziale Themen der Zeit aufgriff und für die soziale Gerechtigkeit eintrat. In diesem Buch wies sie auf die schlimmen Lebensumstände in Neu-Voigtland hin. Viele Umstände trugen zu dem schlechten Ruf der Gegend bei. Die vormals wüste Gegend nach der Abholzung, die Tatsache, dass Galgenanlage, Henker und Hochgericht dorthin verlegt wurde, das Invalidenhaus, welches Kriegsveteranen der schlesischen Kriege aufnahm und das anrüchige Vergnügungsviertel, welches Kriminelle anzog. Weil dort nur Fremde angesiedelt wurden behandelte man sie eher als Ausgegrenzte. Zwischen dem Oranienburger Tor und dem Prenzlauer Tor vollzog sich eine soziale Trennlinie und trennte Mitte des 19. Jahrhunderts 10 % der Berliner Bevölkerung. Wer vor diesen Toren lebte gehörte zu den Ärmsten der Armen, zu den Ausgestoßenen. Selbst die minder Bemittelten aus dem Scheunenviertel und der Spandauer Vorstadt distanzierten sich vor den Bewohnern von Neu-Voigtland. Dieses jenseits liegende Areal führte ein Leben für sich. Wer was auf sich hielt vermied dieses Viertel, hingegen das Diebesgesindel der Stadt nahm vorzugsweise seine Wohnung im Armenviertel Neu-Voigtland. Unmoral, Verbrechen und Prostitution traten hier vermehrter als innerhalb der Residenz auf. Als äußerst zwielichtig galt damals die Ackerstraße, die scherzhaft von den späteren Berlinern, die dort wohnten als "Ackeurstraße" bezeichnet wurde, wenn man sie fragte wo sie wohnten. Im damals um 1800 eingerichteten 19. Polizeirevier war der einzige eingesetzte Commissarius Ebell mit den Geschehnissen der Nächte überfordert. Vergeblich um Unterstützung in seinem Präsidium fand er ausgerechnet Hilfe von den in Neu-Voigtland wohnenden Bürgern. Als Dank für dessen Hilfe regte er in einer "Gehorsamsten Anzeige, beim königlichen Polizeidirectorio" um die Benennung der Straßen nach den freiwilligen Helfern und die Umbenennung von Neu-Voigtland in "Berliner Vorstadt". Dieser Bitte wurde entsprochen und es entstanden aus der 1ste und neue Reihe die Brunnenstraße, aus der 2te und 3te Reihe wurde die Ackerstraße, 4te Reihe wurde die Bergstraße. Der Bezeichnung "Berliner Vorstadt" konnte wegen möglicher Missverständnisse nicht entsprochen werden und man einigte sich auf den Namen "Rosenthaler Vorstadt" für den östlichen Teil und "Oranienburger Vorstadt" für den westlichen Teil von Neu-Voigtland. Die Gartenstraße bildete die Trennlinie der beiden neuen Vorstädte, dessen Grenzlinien schon in den Jahren verändert hatten. Neu-Voigtland begann westlich an der Gartenstraße, nördlich richtete sich die Grenze an der heutigen Invalidenstraße bzw. die östliche Grenze bildete die heutige Brunnenstraße und die südliche war nunmehr die Thorstraße, die die Funktion der Stadtgrenze von der Linienstraße übernahm. 1822 wurden die "Oranienburger Vorstadt" dem Weichbild Berlins zugeordnet und 1824 amtlich benannt bzw. 1831 amtlich eingemeindet. Die "Rosenthaler Vorstadt" wurde 1830 in Berlin eingemeindet.

Weinbergsweg/Lothringer Straße um 1808Im Anfang des 19. Jahrhunderts begann die Neubebauung der Rosenthaler Vorstadt und an der nördlichen Ackerstraße. Auf der noch kleinteiligen Flurstückstruktur entstanden die ersten spätklassizistische Häuser. Auf dem Gelände des Nordbahnhofs/ Gartenstraße wurden 1824 die ersten Mietskasernen von Berlin gebaut. Sie nannten sich "von Wülcknitzschen Familienhäuser", zurück zu führen auf den Kammerherr von Wülcknitz, der vom Gärtner Christian in der Gartenstraße günstig ein Stück Land abkaufte und auf dessen fünf Mietskasernen errichten ließ. In vielen kleinen Stuben eingeteilt lebten dort jeweils eine Familie, die dem Erwerb, zum Schlafen und als Küche diente. In den damals vierhundert Stuben lebten über zweitausend Menschen, also bis zu sechs Personen in einer Stube. Wie in einer Kaserne führten von einem Mittelgang die Stuben ab, die wiederum mit einem Seil kreuzweise bespannt für je vier Familien getrennt wurden. Neben dem privaten ärmlichen Leben mussten in dem gemieteten Zimmerviertel auch zum Broterwerb beigetragen werden. Auf dem Hof standen zwei Brunnen für die Wasserversorgung zur Verfügung, das gleich nebenan liegende offene Abort bot für fast fünfzig Menschen Platz und war mit einer Senkgrube ausgestattet. Selbst die Keller und Dachmansarden baute er für einen zusätzlichen Gewinn aus. Schon bevor die oberen Etagen fertig gestellt wurde begann Wülcknitz die Kellerwohnungen zu vermieten. So wohnte in der Kellerstube No III ein Holzhacker mit seiner Familie, der beim Bau der Neuen Bauschule (Schinkels Bauakademie) einen Unfall erlitt, wo er fünfzehn Silbergroschen (später zwei Taler) Unterstützung erhielt. Einen Taler konnte er noch trotz seiner Verletzung hinzuverdienen, seine Frau verdiente zwei Taler und deren Tochter anderthalb Taler. Für die Miete ihrer Stube mussten sie zwei Taler berappen, der Vermieter kassierte bei den gesamten Mietern insgesamt vierhundert mal die zwei Taler. Zum Leben blieb den Menschen sehr wenig und gingen sie betteln wurden sie in ein Arbeitshaus, den so genannten "Ochsenkopf" gesteckt, wo sie durch Treten von Stufen die Tretmühle antrieben. Selbst Kinder hatten es schwer in der damaligen Zeit, denn in der einzigen Stube der Familie war kaum Platz für die Kinder zum Spielen. Eine Verordnung aus dem Jahre 1772 hatte noch immer seine Gültigkeit; "Da verschiedene liederliche Burschen sich wiederum unterstehen, auf den Straßen sich zusammenzurotten, allerhand Unfug zu treiben und mit Drachen zu spielen, werden die Eltern und Lehrherren hierdurch erinnert, ihren Kindern und Lehrburschen das Herumlaufen, Zusammenrotten und Klatschen mit den Peitschen auf den Straßen auf das Schärfste zu verbieten, widrigenfalls die Kinder oder Lehrburschen, so sie getroffen werden, sogleich arretiert und scharf gepeitscht, die Älteren aber, weil sie diesen Unfug nicht verhindert, bei jedem derartigen Vorkommnis mit zwei Talern bestraft oder bei vier Tage zum Arrest gebracht werden sollen". Viele sozialpolitische Bemühungen, wie Armenfreischulen, Krankenbesuchsvereine und Betstunden wurden geschaffen. In dieser Zeit entstand die erste Berliner Suppenküche. Später ersteigerte Wiesecke das Mietskasernenareal bis es nach weiteren Eigentümerwechseln schließlich 1881 abgerissen wurde.

Völlig andere Sorgen hatten die wenigen Hausbesitzer an der "Neuen Ackerstraße", die mit den Mühlen des Magistrats in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu kämpfen hatten. Diese bestand aus sieben Häusern und waren einigermaßen gut durch die Namen der Eigentümer zu finden. Diese forderten eine Nummerierung ihrer Häuser, was aber von dem zuständigen Polizeibehörden versagt wurde. Die Bezeichnung "Neue Ackerstraße" dürften die Eigentümer auch nicht führen, denn der Straßenname des südlichen Bereiches gelte auch für die nördliche Straßenerweiterung. Ebenfalls verwehrt wurde eine von den Hausbesitzern erbetene Entwässerung und nächtliche Beleuchtung der Straße. Nach den Wintermonaten, wenn das Tauwetter einsetzte wurden stets die bewohnten Keller überschwemmt. Den Hausbesitzern wurde es zunehmend schwieriger Mieter zu finden, die den Weg zu der nördlichen Ackerstraße nicht scheuten. Der Magistrat befürchtete, dass andere Hausbesitzer bei einer positiven Entscheidung dem nachziehen werden. Ähnliche Verhältnisse herrschten am "Verlorenen Weg" (Schwedter Straße) wo die Mädchenherberge Marthas Hof lag. Als die St. Elisabethgemeinde auf die unzumutbaren Wege zwischen Kirche und Friedhof hinwiesen und ebenfalls eine Befestigung erbaten wurde dieser Antrag zwar erst abgelehnt und schließlich 1850 genehmigt. Sechs Jahre später bekamen auch die Besitzer der nördlichen Ackerstraße ihren gepflasterten Weg.

AckerstraßeIn der späteren Folgebebauung der Gründerzeit wurden schon mehrere Parzellen zusammengefügt und großzügiger bebaut. Berlin drohte aus allen Nähten zu platzen, so dass die verhältnismäßig ländliche Bebauung nicht mehr zu halten war. Begonnen wurde damit in der Ackerstraße südlich der Bernauer Straße von der Thorstraße beginnend nach Norden. Der Abriss der alten Stadtbefestigungsanlagen begann 1867, in dessen Folge die Bebauung der Ackerstraße durch die heutige Bebauung ersetzt wurde. Älteste Bebauungen aus dieser Zeit sind die Hausnummern 6/7 (1827/1843), 9 (1842) und 148 (1822). In der Ackerstraße 12 entstand die "Kleinsche Schule" und "Költzsche Schule" (später Weidnersche Schule) in der Nummer 57. In dieser Zeit folgte auch die anschließende Neubebauung der nördlichen Ackerstraße, wo sich das einzig erhaltende älteste zweistöckige Gebäude aus dem Jahre 1857 in der Hausnummer 94 sich findet. Mitte des 19. Jahrhunderts begann die regulierte Bebauung des Gebietes vor den Toren der Stadt. Orientiert an vorhandenen Straßen plante Baurat James Hobrecht die Anbindung der Rosenthaler und Oranienburger Vorstadt an das alte Stadtgebiet von Berlin. Sein Bebauungsplan bestand darin keine Stadt zu schaffen, die sich nur auf das alte Zentrum Berlins konzentriert, sondern er plante Stadtquartiere aus Wohnen, Arbeiten und Erholung. Es sollten kleine Plätze entstehen, die dann den zentralen Punkt im Kietz übernehmen und ein Volkspark sollte mehrere Stadtplätze verbinden. Nun entstanden östlich der Rosenthaler Vorstadt der die Stadtquartiere um den Arkonaplatz, Vinetaplatz und um den schon erwähnten Gartenplatz (Galgenplatz).

Berliner Suppenküche um 1863Schrippenkirche In der Ackerstraße 51 befand sich Berlins berühmteste Schrippenkirche. Der Journalist und Schriftsteller Constantin Liebich gründete 1882 in der Müllerstraße 6 (Tanzlokal "Fürst Blücher") mit sechs christlichen Handwerkern den Verein "Dienst am Arbeitslosen". Zu dieser Zeit war er Mitglied in der evangelischen Versöhnungsgemeinde in der Bernauer Straße und beteiligte sich aktiv im "Älteren evangelischen Jünglingsverein". Die damalige Rede eines amerikanischen Evangelisten hatte ihn so beeindruckt, so dass er seine zukünftige Aufgabe in der aktiven christlichen Liebestätigkeit sah. In der Müllerstraße begann er mit Morgenandachten für die Obdachlosen inklusive Frühstück, wobei jeder eine Tasse Kaffee und zwei Schrippe bekam. Der Name "Schrippenkirche" war geboren und fand in der Stadt Nachahmer, die dieses Konzept ebenfalls für viele armen Menschen in die Tat umsetzten. Viele Prediger aus der Umgebung unterstützen Liebich und hielten für die Obdachlosen Gottesdienste ab. Für seine vorangegangene Arbeit erhielt er schließlich in der Jahrhundertwende das Haus in der Ackerstraße durch die finanzkräftige Unterstützung eines Vereinsmitgliedes geschenkt, die dann die neue Heimstadt der Schrippenkirche wurde. Neben der Schrippenkirche baute Liebich ein Verein zur Selbsthilfe auf, der nicht nur Arbeit verschaffte, sondern auch den Armen die Möglichkeit bot, die selbst geschaffenen Produkte preiswert an andere Arme abzugeben. Mit Machtübernahme der Nazis zog die Hitlerjugend in das Objekt und mit dem Ende des 2. Weltkrieges blieb von dem Gebäudekomplex lediglich der Seitenflügel übrig. Nach dem Krieg diente es zunächst den Amerikanern als Lebensmittelverteilungsstätte bis es zu einem Mädchenpensionat für Kriegswaise hergerichtet wurde. Anfang der 60er Jahre schon als Altenheim genutzt zog die Kirchengemeinde 1961 ebenfalls in das Gebäude ein, da sie wegen des Mauerbaus in der Bernauer Straße ihre Kirche verlor. Eine vom Bezirksamt Wedding verordnete Kahlschlagsanierung brachte das endgültige Aus für das geschichtsträchtige Haus, sie drohten sogar kurz vor Schluss dem Verein Gas und Strom sperren zu lassen. Erst im Jahr der politischen Wende in Deutschland gedachte der Wedding Liebich`s und brachte an dem nun dort stehenden Wohnhaus eine Gedenktafel an.

Zur Verwaltungsreform 1920 wurde ein Teil der Rosenthaler Vorstadt dem Prenzlauer Berg zugeordnet, der Teil nördlich der Bernauer Straße dem Wedding, südlich der Bernauer Straße und östlich bis zum Verlorenen Weg (Schwedter Straße) dem Bezirk Mitte. Die Oranienburger Vorstadt verblieb ganz im Stadtteil von Mitte. Bis 1920 begrenzte im Westen die Eisenbahnlinie Nordbahnhof, im Norden die Behmstraße und im Osten der Verlorene Weg und der Weinbergsweg die einst friderizianische Kolonie. Das Gebiet von der Bernauer Straße gen Norden bis an den Gesundbrunnen wird inzwischen "Tiefer Wedding" genannt, dessen Zentrum die Brunnenstraße übernimmt.

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